Explosionen, Feuer, Rauch, Hilfeschreie, Dunkelheit
und ein zunächst total weitläufiges
und unübersichtliches Übungsobjekt:
Dies war das Szenario, mit dem wir uns zusammen mit rund 100 weiteren Einsatzkräften
von Feuerwehr, Technischem Hilfswerk und Rettungsdienst
am Freitag, dem 3.November, bei einer unangekündigten Einsatzübung am Asphaltmischwerk der BAM
bei Möhrendorf auseinandersetzen mussten.
Um 19:05 Uhr alarmierte uns die Integrierte Leitstelle Nürnberg ebenso wie die Feuerwehren Möhrendorf, Bubenreuth und Kleinseebach, den THW-Ortsverband Baiersdorf sowie für die Sanitätsbereitschaften Baiersdorf und Erlangen 2 mit dem Stichwort „Kohlenstaubexplosion im Asphaltmischwerk Möhrendorf“.
Drei Minuten später rückten wir mit dem erweiterten Löschzug, bestehend aus ELW2, LF16/12, DLA(K)23-12, RW und TLF16/25 sowie dem First Responder-Dienst mit beiden Fahrzeugen, in einer Gesamtstärke von 1/2/23 aus.
Bereits auf der Anfahrt waren anstatt der sonst üblichen Beleuchtung des Werkes nur Flammen und Rauch in der frei stehenden und weithin sichtbaren Anlage neben der BAB 73 zu sehen. Entsprechend hoch war innerhalb kurzer Zeit auch das Interesse zahlreicher Schaulustiger.
Doch schon beim Eintreffen an der Einsatzstelle
warteten die ersten Probleme auf die Feuerwehr:
Zum Einen musste das verbarrikadierte, massive Haupttor gewaltsam geöffnet werden, des weiteren lagen große Betontrümmer auf den innerbetrieblichen Fahrwegen.
Hier kam dann gleich unser Rüstwagen zum Einsatz,
dessen Besatzung ( Besatzung: Wolfgang Mönius, Oliver Hedtkamp, Clemens Simon) im wahrsten Sinne des Wortes
mittels Seilwinde „den Weg frei“ machen musste.
Nach einer ersten Erkundung durch den Einsatzleiter,
Kdt. Bernd Schlee aus Möhrendorf, wurden die weiter eingetroffenen Fahrzeuge aus dem Bereitstellungsraum
vor dem Betriebsgelände abgerufen und an der Einsatzstelle positioniert.
Die Feuerwehr Möhrendorf begann dann an der Westseite
mit den Besatzungen von HLF20/20, LF8 und MZF
unter schwerem Atemschutz mit der Personenrettung und Brandbekämpfung, während die Kräfte unseres LF16/12 (Besatzung: Gruppenführer Jens Hammerl, M. H., Florian Heiduck, Michael Lösel, Ralph Rösch, Desiree Mösel, Björn Schwarzmann, Susanne Simon), zum Teil über die DLA(K)18-12 der FF Bubenreuth, an der Südseite vorgingen. Schwierig gestaltet sich auch die Befreiung einer unter einer tonnenschweren abgestürzten Treppe eingeklemmten Person,
die letztendlich aus Zeitgründen mit "ManPower" befreit wurde.
An der Ost- und Nordseite wurde durch unser TLF16/25
(Besatzung: Staffelführer Matthias Wolff, Gerhard Böhm,
Sebastian Weber, Matthias Slansky, Claus und Benni Fabian)
die Brandbekämpfung durchgeführt, während die Drehleiter
(Besatzung: Ralf Meisner, Jessica Keul, Christian Wuckelt)
an der Nordseite in Stellung gebracht wurde. Zusammen mit den Besatzungen des HLF20/20 und des LF16/12 der FF Bubenreuth wurde hier ebenfalls zur Menschenrettung aus großen Höhen
sowie zur Bekämpfung verschiedenere Brände vorgegangen.
Im Laufe des Einsatzes wurde die Drehleiter dann an der Westseite positioniert, wo Rettungsdienst und THW-Helfer mitsamt Ausrüstung zu einem in einem Silo an einem Rohr "aufgespießten Schwerverletzten" in rund 15 Meter Höhe gebracht und dieser dann nach der Befreiung und Erstversorgung mittels Krankentragenhalterung zu Boden gebracht werden musste.
Die Einsatzkräfte des THW-OV Baiersdorf, die mit MTW, GKW 1, GKW 2 sowie dem MLW 2 (Unimog mit Kran) anrückten, wurden zum Einen für schwere Räumungsaufgaben und Stromversorgung an der Einsatzstelle, zum anderen aber auch zur Menschenrettung, teilweise unter schwerem Atemschutz, eingesetzt. Zusätzlich musste natürlich das Gelände von Feuerwehr und THW großräumig ausgeleuchtet werden, wozu zahlreiche Fahrzeuglichtmasten, Lichtgiraffen, Scheinwerfer auf Stativen und PowerMoons aufgebaut wurden.
Von der Feuerwehr Baiersdorf wurde zusätzlich der ELW2 (Besatzung: Zugführer Stefan Brunner, Roland Zeilinger, Christian Bühl, Steffen Sandner) der Einsatzleitung zur Verfügung gestellt.
Die Besatzungen der beiden First-Responder-Fahrzeuge (Christian Martin, Jan Wiesinger) unterstützten ebenso wie die Kräfte der FF Kleinseebach den Rettungsdienst und die drei anwesenden Notärzte, Dr. Torsten Birkholz, Dr. Julia Walther und Dr. Andreas Eisenried, bei ihrer Arbeit.
Und diese hatte wahrlich viel zu tun: Insgesamt 18, zum Teil „schwerst Verletzte“ mussten gesichtet und erstversorgt werden, bei zwei weiteren Personen konnte nur noch der „Tod“ festgestellt werden. Neben einem Verletzten-Ablageplatz wurde dabei in etwas Abstand zur Einsatzstelle auch ein Wagenhalteplatz mit Zelt eingerichtet, wo im Ernstfall die Opfer von weiteren Rettungswagen bzw. Hubschraubern übernommen worden wären.
Doch nicht nur dort waren die Ärzte und das Rettungsdienstpersonal gefragt: Teilweise mussten Verletzte bereits in über 20 Metern Höhen auf Gitterlaufstegen, Treppen sowie in Silos medizinisch erstversorgt werden, bevor sie mit Bolzenschneidern oder hydraulischem Rettungsgerät befreit und mittels Drehleiter zu Boden gebracht werden.
Da die Treppen zum Teil nicht durchgängig passierbar waren, mussten neben den Feuerwehrleuten auch der Rettungsdienst und die THW-Helfer mitsamt ihrer Ausrüstung mittels Drehleiter zu den Verletzten gebracht werden oder selbst über tragbare Leitern klettern. Zeitweise war diesen selbst dann auch durch plötzlich erfolgende Detonationen, Feuer und Rauch der (Rück-)Weg abgeschnitten.
So musste mehrmals die Prämisse „Menschenrettung vor Brandbekämpfung“ hintenangestellt werden und erst die „Flammen“ bekämpft werden, um die Einsatzkräfte nicht zusätzlich zu gefährden. Zudem musste auf die von der Asphaltmischanlage ausgehenden „normalen“ Gefahren wie heiße Teile, elektrischer Strom, Gas, Druckluft und Explosionsgefahr durch Kohlestaub-Ablagerungen Rücksicht genommen werden.
Dass die Helfer dabei physisch und psychisch unter Stress gerieten, war natürlich die (in diesem Fall durchaus gewollte) Folge - spätestens, als ein (hölzerner) Verletztendarsteller, der sich außen an einem Geländer in über 10 Metern Höhe „festhielt“ und nicht erreicht werden konnte, im Feuer stand und schließlich brennend in die Tiefe „sprang“. Nach über eineinhalb Stunden konnte die Übung dann für beendet erklärt werden.
Für die zeit- und materialaufwändige Vorbereitung der schon fast beängstigend realistischen Übung mit schweren Hindernissen aus Beton und Stahl, Pyrotechnik, Feuer, Rauch- und Lichteffekten sowie Simulation von eingeklemmten und gepfählten Personen zeichnete der THW-OV Forchheim unter der Regie des Ortsbeauftragten des THW-OV Baiersdorf, Michael Haas, und Kommandant Norbert Stumpf, FF Bubenreuth, verantwortlich. Die „lebenden“ Verletzten-Darsteller wurden von der Jugendgruppe des Roten Kreuzes gestellt, waren erstklassig geschminkt worden und machten den Einsatzkräften auch mit teilweise heftigen, gespielten Reaktionen das Leben schwer.
Die perfekte Übungsvorbereitung fand dann auch das ungeteilte Lob aller Einsatzkräfte und der Zaungäste, darunter Kreisbrandmeister Roland Zeilinger, der auch als Übungsbeobachter fungiert hatte, sowie der Bürgermeister Konrad Rudert (Möhrendorf) und Rudolf Greif (Bubenreuth), die bei der kurzen, anschließenden Übungsbesprechung im Bauhof Bubenreuth den Einsatzkräften für ihre Arbeit höchsten Respekt zollten.