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Der vdh ("Verein der Heckflossenfreunde", Oldtimer-Fans von Mercedes-Benz), widmet in seiner neuesten Ausgabe der Clubzeitschrift "Benzheimer Flosskeln" vom April 2009 unserem Oldie einen 10(!)-seitigen, erstklassig aufgemachten Farbbericht, dessen Inhalt wir den Besuchern unserer Homepage natürlich nicht vorenthalten wollen:

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Vom Weltkriegseinsatz


zum Weltmeistertitel…

 

…oder: Mit einem ganz besonderen Cabrio in die Berge

 

Von Stefan Brunner und Gerhard Böhm, Baiersdorf

 

Manche Geschichten sollten niedergeschrieben werden, bevor sie keiner mehr in ganzer Länge erzählen kann. Diese hier ist so eine – zwar erfreut sich die „Hauptperson“ bester Gesundheit, sehen wir mal von einigen kleineren und wohl auch unvermeidlichen Alterserscheinungen ab. Doch die Zahl der Personen, die aus deren Anfängen noch berichten können, schrumpft – denn diese Geschichte von einem Feuerwehrauto, das auch nach seinem 75. Geburtstag noch für so manche Überraschung gut ist, beginnt Anfang der 30´er Jahre des letzten Jahrhunderts…

 Es begab sich zu jener Zeit (beginnt nicht eine andere Geschichte auch so? Egal…), dass der Rat des Städtchens Baiersdorf in Mittelfranken beschloss, zum Schutze seiner Bürger vor Feuersgefahren ein neues Löschgerät zu beschaffen – und nicht nur irgendeines! Erstmals sollte unsere Feuerwehr ein motorbetriebenes Löschfahrzeug erhalten, und damit die Zeit der pferdebespannten Spritzen ein für alle Mal vorbei sein. Den Zuschlag erhielt die Daimler-Benz AG in Stuttgart, die im Sommer 1932 die „Automobilspritze Typ LF 12“ mit der Fabriknummer 1067/2 zum Preis von 12.675 Reichsmark ins idyllische Regnitztal auslieferte – als eines der ersten Feuerwehrautos in der Gegend. Damit war man mit den Nachbarstädten Erlangen und Forchheim gleichauf.

 Für die damaligen Verhältnisse konnte sich das Fahrzeug schon sehen lassen, war man doch in den Dörfern der Umgebung noch auf Handdruckspritzen angewiesen: Der 6-Zylinder-Ottomotor mit einem Hubraum von 3920 ccm leistete 60PS und sorgte damit dafür, dass das 3210kg schwere „Lastwagensonderfahrzeug für Feuerlöschzwecke“, wie es in den Zulassungspapieren genannt wird, im Einsatzfall ordentlich voran kam. Auf dem 6500mm langen, 2030mm breiten und 2500mm hohen Auto sollten 10 Feuerwehrleute Platz gefunden haben – was wir aber heute aus unerfindlichen Gründen nicht mehr so ganz nachvollziehen können, es sei, die Jugendfeuerwehr darf mal eine Runde mitfahren…

 Natürlich wollten wir nun damit nicht nur innerhalb der Stadttore, sondern auch in der Umgebung Einsätze fahren! Dazu mussten die Feuerwehren der Region auch wissen, dass man sich nunmehr aus Baiersdorf nicht nur scharfen Meerrettich und schöne Mädels, sondern bei Feuersbrünsten auch schnelle und wirkungsvolle Löschhilfe erhoffen konnte (was auch heute übrigens noch gilt!).

 Und so machten sich die Baiersdorfer Feuerwehrleut´ in ihren besten Uniformen und mit blank geputzten Stiefeln am 25. September 1932 zu einer großen „Bewegungsfahrt“ auf, die über Forchheim, Neuses, Adelsdorf, Höchstadt/Aisch, Uehlfeld und Neustadt/Aisch quer durch´s Fränkische bis nach Emskirchen führte. 

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 Heutzutage unvorstellbar – der Bürgermeister würde einen Herzkasper bekommen, wenn er seine Feuerwehr mit einem Löschfahrzeug auf Ausflug  in 50km Entfernung wüsste, und das trotz 290PS unter der Haube, Handy und einem gut ausgebauten Fernstraßennetz. Na ja – heute muss die Baiersdorfer Feuerwehr diesbezüglich auch nicht mehr für sich werben, fährt sie doch mittlerweile 400 bis 500 Einsätze im Jahr!

 Warum aber ging´s damals ausgerechnet nach Emskirchen? Nun – im Jahr 1902 hatte man den Bürgern dort, wohl etwas voreilig, den wunderschönen „Herkulesbrunnen“ verkauft, den man in Baiersdorf nicht mehr haben wollte. Und dreißig Jahre später hätte man ihn doch gern wieder in der eigenen Stadt gehabt. Aber dafür war es nun zu spät – und auch sämtliche diplomatischen Fähigkeiten unserer Feuerwehrleute und ein auf Hochglanz poliertes und nagelneues Löschfahrzeug konnten da nichts mehr ausrichten…

 Doch zurück zum Thema: Den Lauf der deutschen Geschichte dürfen wir als bekannt voraussetzen. Und so sorgte ein gebürtiger österreichischer Brandstifter (Sie erinnern sich: Der mit dem Schnurrbart und der seltsamen Armbinde…) mittelfristig dafür, dass unser Löschfahrzeug auch nach Nürnberg fuhr – aber diesmal nicht für Werbezwecke. Die dortigen Industrieanlagen (MAN, Schuckertwerke u.a.) und später auch Wohngebiete waren natürlich im Zweiten Weltkrieg ein vorrangiges Ziel für die Bomberverbände der Alliierten Streitkräfte. Seit 1940 nahm die Zahl der Angriffe ständig zu, und so manches Mal war unser LF12 nach der Entwarnung zur Löschhilfe dorthin beordert worden.

 Auch in der Nacht des 2.Januar 1945 waren um 21:45 Uhr wieder zuerst die Luftschutzsirenen zu hören, dann das Dröhnen der viermotorigen Lancaster-Bomber, das Wummern der Flugabwehrgeschütze und schließlich die nicht enden wollende Zahl der Bombeneinschläge, die noch in hier in 25km Entfernung die Scheiben klirren ließen. Den Menschen, die sich auf die Straße trauten, bot sich in Richtung Süden ein hellroter, ja fast tagheller Himmel, wie noch nie zuvor. Als es still und dunkler wurde, machten sich auch die Baiersdorfer Brandschützer mit ihrem Löschfahrzeug wieder auf nach Nürnberg. Aber was heißt „Brandschützer“? Die meisten unserer Feuerwehrleute waren längst im Fronteinsatz – oder bereits gefallen. So saßen neben dem Fahrer und dem Gruppenführer der „Feuerschutzpolizei“ 15-, 16-jährige Buben auf den Sitzbänken, sozusagen das „letzte Aufgebot“ ihrer Heimatstadt. Und die lernten auch ohne Waffen die ganze Grausamkeit des Krieges kennen: Allein in dieser Nacht sollten sie, zusammen mit anderen Feuerwehren des „Feuerschutzregimentes Regnitz“, über 1800 Tote finden, ganzen Straßenzügen in Flammen machtlos gegenüber stehen…

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Insgesamt 17 Kriegseinsätze in Nürnberg sind in dieser unsäglichen Zeit für unseren Mercedes belegt, wahrscheinlich waren es noch einige mehr. Doch auch in den Jahren danach war das Löschfahrzeug oft in der Umgebung im Einsatz, ließ ja die Motorisierung der Dorffeuerwehren noch auf sich warten.Auf Drängen der damaligen Militärverwaltung wurden ein Blaulicht und eine Sirene nach amerikanischem Vorbild vorne am Kotflügel angebracht. Erst am Nikolaustag 1963 ging es nach über 30 Einsatzjahren in den wohlverdienten Ruhestand. Die Ablösung kam wieder aus dem Schwabenland, aber diesmal aus Ulm, in Form eines Löschgruppenfahrzeugs LF16-TS auf einem Magirus 150D10.

 So ganz wollten wir uns aber von dem Oldtimer auch nicht trennen, und so verbrachte der Daimler viele Jahre in verschiedenen Scheunen und Hallen, mehrmals dem Verkauf oder der Verschrottung sehr nahe. Die Feuerwehr erhielt in den 60´ er Jahren ein neues Gerätehaus, in dem auch er ein neues Zuhause fand. Und der damalige Jugendfeuerwehrwart Gerhard Neundeubel verlor 1973 sein Herz an den Oldie und weckte ihn mit seiner Jugendgruppe wieder aus dem Dornröschenschlaf. Doch die ständige Erweiterung der Feuerwehrausrüstung brauchte auch Platz, und so wussten wir bald wieder nicht mehr, wohin mit dem guten Stück…

 Zum Glück wandelte sich vieles zum Guten, als wir 1986 in unser neues Domizil mit 8 Stellplätzen umzogen. 1990 beschloss der Feuerwehrverein, das Fahrzeug bis zum 125-jährigen Gründungsfest der Wehr komplett zu restaurieren. Unter der Regie von Gerhard Neundeubel steckten engagierte Feuerwehrleute weit über 700 Stunden in das LF12. In mühevoller Kleinarbeit wurden der Motor neu gelagert, die Elektrik überarbeitet, die Bereifung erneuert, Holzteile ersetzt und zu guter Letzt natürlich der Wagen komplett neu lackiert, so dass er 1993 rechtzeitig zum Jubiläum wieder im alten Glanz erstrahlte – so schön, dass sogar eine Modellbaufirma einen Bausatz davon auflegte…

 Kurz nach der Jahrtausendwende machten wir uns mit unserem Oldie zum 150.Geburtstag der Feuerwehr Nürnberg nochmals auf den Weg in die alte Reichs- und Handelsstadt. Bei einem prunkvollen Festzug durch die Innenstadt bewunderten weit über 100.000 Besucher den Löschwagen, der ein halbes Jahrhundert zuvor dort bereits zum Einsatz gekommen war. Und auch bei einem der ersten Treffen des Vereins der Heckflossenfreunde in Erlangen war er mit von der Partie!

 Aber auch zu Hause gab´s Erfreuliches zu vermelden, hatte unser LF12 doch mittlerweile einen eigenen Anbau an die Feuerwache bekommen, der beste Voraussetzungen für eine optimale Wartung und Pflege bildet, und den wir inzwischen mit weiteren historischen Ausrüstungsgegenständen ausschmückten.2003 beschloss der Feuerwehrverein, das Fahrzeug mit einer Straßenzulassung zu versehen. Die finanziellen Mittel für dieses Vorhaben wurden ebenfalls zur Verfügung gestellt. Durch Probleme mit dem Anlasser und einem Kolbenschaden dauerte die Verwirklichung dieses Vorhabens bis 2006.



Nachdem wir das Fahrzeug auch noch mit einer neuen Blinkanlage ausgerüstet hatten, passierte es den TÜV im Frühjahr 2006 ohne Probleme und konnte 43 Jahre nach seiner Stilllegung mit dem passenden Kennzeichen  ERH-B 1932  wieder zugelassen werden. Und so konnten wir unserem alten Schatz endlich zeigen, was sich so alles im Regnitztal verändert hatte – und er kann bei seinen Ausflügen die Bewunderung ernten, die er verdient. So manchem Feuerwehrkameraden diente er inzwischen auch bei der Hochzeit als stilgerechter Untersatz bei der ersten Fahrt ins Eheglück!

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 Sein größtes Abenteuer stand ihm allerdings Anfang Juli 2008 bevor: Die Teilnahme an der Feuerwehr-Oldtimer-Weltmeisterschaft in Bruck an der Glocknerstraße in Österreich! Sorgsam verpackt fuhren wir unser bestes Stück am 3.Juli in einem seltsamen Konvoi, bestehend aus dem knallroten Sattelzug einer Baiersdorfer Meerrettichfirma, dem Mannschaftsbus unserer Feuerwehr mit Technik-Anhänger und einem Wohnmobil, ins Salzburger Land. Fast so wie ein richtiger Rennstall – sieht man von einem goldgelben Pferd auf der Plane des Trailers ab…

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 Auf einem Campingplatz bei Bruck schlugen wir dann unsere Zelte auf, während der Daimler aufgrund einer Sturmwarnung noch bis Freitagmorgen darauf warten musste, auf der Laderampe des Bahnhofs Zell am See den Auflieger wieder verlassen zu können. Bei der letzten Testfahrt nach Bruck kam dann auch endlich die Sonne durch, und nach einigen Feinabstimmungen durch „Bordmechaniker“ Gerhard Neundeubel war der Oldie dann fit für den großen Wettbewerb.

 Nach der Startnummernausgabe gegen 14:00 Uhr erfolgte die Aufstellung in der Innenstadt von Bruck. Nach einer Fahrerbesprechung wurden die Fahrzeuge dann den zahlreichen Zuschauern vorgestellt, die die Teams mit großem Applaus bedachten, bevor mit der Gleichmäßigkeitsprüfung der erste Wettbewerb folgte:

 Bei der Wertungsfahrt nach Fusch galt es, die vorgegebene Geschwindigkeit von 25,8km/h möglichst exakt einzuhalten. Dies gelang unserem Chef-Fahrer Gerhard Böhm recht gut – am Abend stand man auf Platz 10 der Gesamtrangliste. Hier zeigte sich bereits, dass wir mit dem mit Abstand ältesten Feuerwehrfahrzeug teilnahmen. Mit großem Medienecho und einem gemütlichen Beisammensein klang dieser Tag aus, während die Fahrzeuge auf einem bewachten Parkplatz standen.

 

 Am Samstag war dann frühes Aufstehen angesagt: Pünktlich um 8:00 Uhr erfolgte der Start zur 2. Etappe auf der Großglockner-Hochalpenstraße bis zum Fuscher Törl auf 2428m Höhe. Der Baiersdorfer Lösch-Oldie startete in der „Classic-Light-Version“ des Rennens, deren Ziel bereits bei der Mautstation Ferleiten auf 1350m Meereshöhe lag, um besonders alte und wertvolle Fahrzeuge nicht zu Schaden kommen zu lassen.Trotzdem wollten wir natürlich nach dem Zieleinlauf außer Konkurrenz weiter mitfahren, bis ganz nach oben: Dies gelang mit dem „Meerrettich-Turbolader“ – der 540 PS-starken IVECO-Zugmaschine der Firma Koch, die den Oldtimer „mit links“ die Serpentinen hoch- und an den anderen, jüngeren Teilnehmern vorbeizog.

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So konnte bei strahlendem Sonnenschein das herrliche Bergpanorama und die Auffahrt der Teilnehmer des Hauptfeldes durch die zahlreichen Spitzkehren von oben beobachtet werden. Zwei Kamerateams und zahlreiche Reporter machten dabei ebenfalls eindrucksvolle Bilder für rund 30 interessierte TV-Sender in ganz Europa.

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 Gegen Mittag erfolgte dann die Talfahrt, wobei der Oldtimer diesmal von der Zugmaschine von hinten an den Haken genommen wurde, um die Bremsen zu schonen und sicher ins Tal zu gelangen. Das sorgte natürlich für große Augen bei den entgegenkommenden Verkehrsteilnehmern auf der Passstraße.

 Nach einigen Stunden Verschnaufpause ging´s dann am Abend zum Weltmeisterschaftsball, in dessen Rahmen auch die Siegerehrung stattfand. Der Jubel kannte keine Grenzen, als die Feuerwehr Baiersdorf als Sieger in der  Classic-light-Wertung bekannt gegeben wurde. Unser Fahrer Gerhard Böhm und Teamchef Gerhard Neundeubel nahmen die Weltmeistertrophäe in Empfang – und bekamen auch gleich noch den Siegerpreis für das älteste teilnehmende Fahrzeug dieser WM überreicht.

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Natürlich erwiesen wir uns auch als gute Botschafter der Meerrettichstadt, hatten wir doch für Teilnehmer und Besucher der WM jede Menge Krenspezialitäten im Gepäck, die die mitgereiste Bayerische Meerrettichkönigin Katja I. persönlich verteilte.  Danach stand einer langen Nacht und zünftigen Feier nichts mehr im Wege: Schließlich wird man nicht jeden Tag in Österreich Weltmeister (war da 2008 nicht auch was mit Fußball…?)

 

 Nach einem ausgiebigen Frühstück und dem Abbruch des Fahrerlagers ging es am Sonntagmorgen wieder an das Verladen des Oldtimers, und am Abend trafen wir wieder in Baiersdorf ein, wo unser Siegerfahrzeug mit einem liebevollen Streicheln über die eckige Schnauze in der Garage abgestellt wurde.

 Selbstverständlich ist die Geschichte unseres LF12 damit nicht zu Ende, wir wollen in den nächsten Jahren schon noch ein paar Kapitel dazuschreiben. Wen´s interessiert, der ist natürlich herzlich willkommen - entweder bei einem Besuch auf unserer Homepage unter www.feuerwehr-baiersdorf.de oder auch persönlich in unserer Feuerwache. Und vielleicht hat ja jemand aus dem Leserkreis auch einen Freund oder Arbeitskollegen, der einen kennt, der weiß, wo wir vielleicht für unseren Oldie einen Ersatzmotor auftreiben könnten, so für alle Fälle halt…

   

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